Eigensinn als Kompass: Maria Almana 2

Dez 9, 2020 | Lebenswege | 0 Kommentare

Marias Vielfältigkeit, ihre Einzigartigkeit, ihr Mut und ihr liebevolles Netzwerken haben mich schon zu unserem Kennenlernen 2016 fasziniert. Damals erzählte sie viel über ihre Pläne mit der neuen Selbstständigkeit : Neubeginn mit 50plus. Ihr Eigensinn als Kompass war ihr dabei sehr hilfreich.
Heute erzählt Maria, wie es ihr in den reichlich vier Jahren ergangen ist und welche Pläne sie umsetzen konnte:

Was hat sich seit dem Interview bei dir verändert?

Das sind mehrere Punkte …

1. Damals sagte ich ja, dass ich mir vorgenommen habe, „alles zu lernen, was man braucht, um ein Buch von A bis Z selbst zu produzieren.“ Das ist mir weitgehend auch gelungen.
Doch im Lauf der Zeit stellte ich fest, dass die Fixierung auf das „Endprodukt Buch“ aus meiner Sicht noch lange nicht genügt – schließlich möchte ich Menschen helfen, die gern schreiben wollen – muss auch nicht unbedingt gleich ein ganzes Buch sein …
Die Betonung liegt auf „Menschen“. Darum habe ich mich noch zum Systemischen Coach zertifizieren lassen.
Das war notwendig und gut, denn jetzt, mit absolut professionellem (Schreib-)Coaching im Angebot, wage ich es auch, mich Buchhebamme zu nennen.
Das ist mir wichtig, weil mir Menschen – und deren Entwicklung – wichtig sind.
Mehr zum Coaching auch hier: https://mehreigensinn.de/coaching/

2. Es ist unglaublich toll, dass du uns die Chance gibst, auch unsere eigene Entwicklung mit diesen mehrstufigen Interviews in den Blick zu nehmen! Dafür möchte ich mich ausdrücklich bedanken!

Für mich dreht sich sowieso alles immer um die eigene Entwicklung … Und da ist es fantastisch zu sehen, dass ich bereits vor vier Jahren auf deine Frage: „Was rätst Du Menschen in der Lebensmitte, die ihren eigenen Weg gehen möchten?“ Dinge gesagt habe, die mich geradewegs dorthin geführt haben, wo ich jetzt bin.
Dieser Punkt ist meine feste Überzeugung, dass Eigensinn hilft. Und zwar bei fast allem.

Doch der Reihe nach: Damals habe ich geantwortet: „Hört auf euch selbst! Das ist manchmal nicht leicht. Oft wird so lange von allen möglichen Ecken an Menschen gezerrt: Durch Erwartungen (eigene oder fremde) zum Beispiel. Oder durch viel zu viele Informationen. Gebt euch Raum. Und so viel Zeit wie möglich. Tretet ein, zwei Schritte zurück. Und guckt in Ruhe, was ihr seht. Hört, spürt, fühlt… Irgendwann merkt ihr, was Sache ist. Wo die Reise hingehen soll. Aber es muss aus euch selbst kommen. Lasst nicht zu, dass andre an euch ‚zerren‘… Und tut das alles rechtzeitig. Nicht erst, wenn Krankheit droht, Burnout, Schlaflosigkeit, Überreizung – es gibt so viele böse Anzeichen und Vorahnungen! Nehmt sie ernst!“

Und was hat das jetzt mit Eigensinn zu tun? Alles! Denn wenn wir herausfinden, was für uns – uns allein – Sinn macht, hören wir auf uns selbst.
Dann wird der Eigensinn zu unserem Kompass.
Und genau das ist der Titel meines ersten Buchs, das im März 2020 erschienen ist.

Ich gebe zu: Eigensinn ist schwer zu fassen. Doch ich hatte wunderbare „Schützenhilfe“: von Ursula Nuber, einer Diplompsychologin, die lange Zeit auch die Herausgeberin der Zeitschrift „Psychologie heute“ war. Sie hat ein Buch geschrieben, nach dessen Lektüre man alle Bedenken gegen den Eigensinn glatt in den Wind schießen sollte … Es heißt schlicht „Eigensinn“. Untertitel: „Die starke Strategie gegen Burn-out und Depression – für ein selbstbestimmtes Leben“.
Was sich ja nun nahtlos an meinen Wunsch anschließt, sich nicht von anderen „zerren“ zu lassen – siehe oben. Mit Eigensinn gelingt das.
Und wo Nuber die menschliche Psyche im Blick hat, wende ich mich dem zu, was ich am besten kann: Schreiben, anderen Menschen beim Schreiben helfen, Buchprojekte Realität werden lassen – und zwar am besten mit Eigensinn.
Band eins heißt „Mein Kompass ist der Eigensinn. Grundlagen, Vorbilder & Nutzen. Ermutigung zum eigensinnigen Schreiben“.

Mehr darüber hier: https://mehreigensinn.de/trilogie-des-eigensinns/
In Band zwei meiner Trilogie des Eigensinns wird es noch viel konkreter. Er heißt: „Wer schreibt, darf eigensinnig sein – Kreativität, Selfpublishing und Eigensinn. Ein Plädoyer, kein Schreibratgeber.“ Inklusive einer spielerischen Suche nach dem eigenen Schreibtyp.
Da werden auch sehr konkrete Fragen gestellt, etwa: Wie nehmen Sie die Welt wahr, wie ‚ticken‘ Sie?

Weitere Aspekte sind die eigene Entwicklung durch sinnvolles Schreiben, das erzählende Sachbuch und die Chancen von Selfpublishing.
Es ist glasklar – und macht mich regelrecht glücklich: Damit setze ich genau das um, was ich mir vor vier Jahren in unserem ersten Interview gewünscht habe: „guckt in Ruhe, was ihr seht. Hört, spürt, fühlt… Irgendwann merkt ihr, was Sache ist. Wo die Reise hingehen soll. Aber es muss aus euch selbst kommen.“ Das ist ein ganz wichtiger Teil meines zweiten Buchs. Das ist Anfang Dezember erschienen und ich halte es für ein prima Weihnachtsgeschenk für alle, die vom Schreiben träumen…
Mehr dazu (auch die Bestellmöglichkeit) findest Du hier: Wer schreibt, darf eigensinnig sein.

3. Alles, was ich in den beiden Büchern be-schreibe, deckt sich mit den Erfahrungen, die ich in den letzten zehn Jahren gemacht habe – wie ja nicht zuletzt unser erstes Interview beweist. Nach wie vor schreibe ich über Entwicklungen, Lebensumbrüche, meine eigene Neugierde und viele anderen tollen Bloggerinnen und Blog in meinem Blog „das Unruhewerk“.
Doch ich würde sagen: Mittlerweile ist der Eigensinn zur Quintessenz meiner ganzen Entwicklung geworden. Darum gibt es jetzt auch noch die Seite „Mehr Eigensinn!“ .

4. Inzwischen habe ich schon ziemlich viele Bücher gemeinsam mit anderen Menschen realisiert, besser gesagt: meine Kund:innen haben sie als Selfpublisher publiziert. Nicht alle, aber doch die meisten Titel sind hier zu finden: https://edition-texthandwerk.de/bisher-erschienen/ .
Sie können übrigens auch überall gekauft werden, wo es Bücher gibt.

5. Aus meinem ersten Blog, dem Unruhewerk, ist ja – in der wunderbaren Kooperation mit Uschi Ronnenberg – die Plattform www.blogs50plus.de entstanden.
Die gedeiht prächtig, rund 340 Blogger:innen haben sich mittlerweile angemeldet, wir waren vor zwei Jahren damit als „Menschenvernetzer“ auf der Frankfurter Buchmesse für den OrbanismAward nominiert (dahinter steckt unter anderem Leander Wattig, der Initiator von „Ich mach was mit Büchern“, mehr darüber hier: https://unruhewerk.de/nominiert-zum-orbanism-award/). Das war toll.

 

Wie gehst du mit der aktuellen Krise um?

Scheinbar banal, aber für mich wichtig ist: Ich will und werde mich nie mehr als „Querdenkerin“ bezeichnen! Ich mochte das Wort. Aber mittlerweile geht das für mich nicht mehr – denn diese undurchdacht durchmischten Demos, die unter anderem von einer Gruppe namens „Querdenken 711“ von Stuttgart ausgehend veranstaltet werden, sind nicht meine Welt. Wenngleich ich gut verstehe, was wohl viele von ihnen um- und antreibt: Es ist diese Hilflosigkeit „Was können, was sollen wir tun?“

Hilflosigkeit ist ein scheußliches Gefühl. Das hatte und habe auch ich in dieser Krise oft. Etwa, als die erste kleine, regionale Buchmesse (zu der ich angemeldet war) abgesagt werden musste. Und wie so vieles andere zur virtuellen Veranstaltung wurde. Das hat mich getroffen. Denn im Jahr 2020 wollte ich meine rundum virtuelle Welt endlich wieder verlassen, viel mehr „vor Ort“, mit und bei „echten Menschen“ sein. Das war mein fester Vorsatz. Und plötzlich musste ich mich schon wieder neu und anders „erfinden. Völlig ungeplant, für mich alles andere als sinn-voll. Das hat mich zeitweise regelrecht gelähmt. Und dann dieses ständige Gefühl: „Hilfe, irgendwie entgleitet mir gerade meine Realität!“ Außerdem gehöre ich – in mehrfacher Hinsicht – zur „Risikogruppe“. Ja, ich habe manchmal wirklich ein bisschen Angst.

Andererseits: Als Selbstständige bin ich das Für-mich-Arbeiten ja gewöhnt. Da fand ich es zeitweise lustig zu sehen, wie all meine Nachbarinnen und Nachbarn, die plötzlich im Home-Office saßen, damit erst einmal umgehen lernen mussten. Doch bei allen, die Kinder haben, war das absolut nicht lustig. Da hätte ich manchmal gern geholfen – und konnte/durfte doch nicht. Wieder so ein Gefühl der Hilflosigkeit. Von Menschen in Alten- und Pflegeheimen möchte ich am liebsten gar nicht sprechen. Das ist das Zweittraurigste in dieser Krise. Das Allertraurigste ist, dass ich Familien kenne, aus denen Menschen an Corona gestorben sind. Wie ich damit umgehe? Ich schreibe sehr viel mehr „echte Post“ als früher, gern schöne Postkarten, versuche zu telefonieren – was nicht immer gelingt. Manchmal muss ich mir aber auch eingestehen: Das ist jetzt definitiv zu viel für mich.

Habe ich kürzlich noch beschrieben, hier: https://unruhewerk.de/corona-depression/

Was ich mir für meinen weiteren Lebensweg wünsche

Dass ständig mehr Menschen den Eigensinn als Option für sich entdecken. Denn damit können wir ohne „Schere im Kopf“ einander davon erzählen, wie jede:r von uns die Welt sieht; lernen, dass jeder Blick auf die Welt ein individueller Weg ist. Und ich bin überzeugt: davon profitieren wir alle.
Wenn wir das für uns selbst akzeptieren und praktizieren, hoffe ich, dass es bedeutet: Bleibt neugierig! Für mich steht fest: So neugierig, wie ich auf meine eigenen, ständigen Veränderungen bin, so neugierig bin ich auch auf die Blicke anderer Menschen auf deren Welt. Und wenn ich respektiere, dass mein Weg nur mein Weg sein kann, steht für mich fest, dass ich die Wege und Blicke anderer Menschen respektiere – was denn auch sonst?!

  • Damit wir weder uns selbst noch die Verbindung untereinander verlieren.
  • Damit der Strom unserer Erzählungen nie abreißt. Damit die Kommunikation weder stockt, noch in lauter voneinander getrennte „Filterblasen“ zerfällt.
  • Damit wir einander nicht immer fremder werden, statt uns wenigstens um Verstehen zu bemühen. Damit wir bereit bleiben, immer wieder neu nachzuvollziehen, wie andere ihre Welt sehen.

Dabei hilft vor allem das Erzählen. Oder ein Blog, ein Buch – und zwar am besten mit Eigensinn.

Dieser Wunsch ist für mich zentral. Und zwar sowohl in beruflicher wie in privater Hinsicht. Am nächsten liegt mir natürlich die Frage: Wie sehen ältere Menschen die Welt, wie jüngere? Was verbindet, was trennt sie? Und vor allem: WARUM sehen sie das so? Wie war ihr ganz individueller Weg dorthin? Gleiches gilt für Kranke und Gesunde, für Geflüchtete und Im-Land-Gebliebene, Ost- und Westdeutsche, Arbeitende und Arbeitslose … Bitte selbst ergänzen! (Und natürlich wünsche ich mir auch, dass meine Bücher gekauft und gelesen werden …)
Weiterhin möchte ich mit allem, was ich mittlerweile gelernt habe, Menschen auf IHREM Weg zum Eigensinn begleiten … Ganz egal, ob sie (Bücher) schreiben wollen oder nicht. Das könnte geschehen. Ist aber sicher kein MUSS.

 

Was es braucht, damit ich mich wohlfühle
  • Selbstbestimmte Zeit. Viel davon. Sehr viel.
  • Wasser. Am liebsten das Meer. Ersatzweise meine Badewanne.
  • Echte Nähe zu Menschen. Und das, was darüber noch hinausgeht: Liebe.
  • Einen Hund. Weil der mit allen vier Pfoten auf der Erde steht, weil ihm das Spielen immer ein Grundbedürfnis ist, dem er ohne Wenn und Aber nachgibt. Weil er kompromisslos weiß, was er will – und genau das tut. Kurz: Mein Hund ist mir oft das allerbeste Vorbild.
  • Die Fähigkeit, mich abzugrenzen. Das ist es, was ich meine „Haltung“ nenne (und die ist sozusagen mein gelebter Eigensinn.) Meine Haltung vergisst weder, dass jeder Mensch ein Individuum ist, noch, dass ich mich gut um mich selbst kümmern sollte. Mit meiner Haltung entscheide ich, wie, wann (und ob) ich mich auf andere Welten einlassen will. Sie grenzt nicht von vornherein aus, sondern wägt ab. Wichtig ist, dass sie durchaus manchmal auch Grenzen ziehen darf.
  • Fortwährende Neugierde, die mich ständig in andere Welten sehen lässt, Veränderungen offenhält – ohne den Eigensinn dabei zu vergessen.

Liebe Maria, ich bedanke mich ganz herzlich für Deine wertvollen Antworten und wünsche Dir weiterhin alles Gute auf Deinem Herzensweg, ganz viel Gesundheit und von Herzen kommenden Eigensinn. Sabine

Fotos Copyright: Maria Almana privat

Hier findest Du das erste Interview mit Maria vom 15. März 2016: Neubeginn mit 50plus: Maria Almana

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