Tu dir gut, weil es niemand anders besser kann: Heike Birkenbusch

Apr 26, 2017 | Lebenswege | 4 Kommentare

„Tu dir gut, weil es niemand anders besser kann“ ist das Lebensmotto von Heike Birkenbusch . Sie selbst musste dies schmerzhaft lernen. Und doch hat sie nicht aufgegeben und in der Lebensmitte ihr Leben noch einmal konplett umgekrempelt. Daher war ich sehr froh, als Heike auf meine Interviewanfrage sofort ja gesagt hat – und das, obwohl sie gerade mitten in den Prüfungen steckt.

Liebe Heike, kannst Du Dich den Lesern kurz vorstellen und beschreiben was Du tust?

Gerne. Ich bin 53 Jahre alt, war 18 Jahre verheiratet und danach sieben Jahre in einer Partnerschaft. Gearbeitet habe ich als Bürokraft und da meine Talente und Fähigkeiten im kreativen Bereich liegen, habe ich für meinem Lebenspartner nicht nur die Büroarbeit gemacht, sondern auch die Gestaltung des Corporate Designs, der Geschäftsausstattung und der Werbemittel übernommen. Diesen kreativen Bereich weite ich nun aus und mache gerade eine Umschulung zur Mediengestalterin. Aktuell bin ich in der Prüfungsvorbereitung.

 

Mit 53 Jahren startest Du beruflich noch einmal ganz neu. Wie kam es dazu?

2012 ging die Verbindung mit meinem Lebenspartner aus privaten Gründen auseinander und eine berufliche Zusammenarbeit war auch nicht mehr möglich. Außerdem folgte dem Ganzen auch noch ein kompletter psychischer Zusammenbruch meinerseits. Aus diesem Loch heraus musste ich dann auch noch ganz neu und von vorne anfangen.

Neue Wohnung, keine Arbeit und mit über 50 keine Chance als Bürokraft auf dem Arbeitsmarkt. Nach der Arbeitslosigkeit folgte dann ALG II und natürlich eine Unmenge an erfolglosen Bewerbungen. Um wenigstens psychisch wieder auf die Beine zu kommen, habe ich mir Hilfe geben lassen und nach einiger Zeit war ich dann soweit, dass ich mir Gedanken darüber machen konnte, was ich nun mit mir anstellen wollte. Schließlich war und ist das Leben mit ALG II keine wirkliche Option für mich.

So habe ich mich wieder meiner Stärken und Fähigkeiten im kreativen Bereich besonnen und nachdem ich mich nach Alternativen umgeschaut habe, bin ich zu dem Entschluss gekommen, mich für eine Umschulung zur Mediengestalterin anzumelden.

 

Momentan steckst Du in den Prüfungsvorbereitungen zur Mediengestalterin und hast ab 1. August einen Arbeitsvertrag in der Tasche. Wirst Du dann in Vollzeit angestellt sein?

Zu der zweijährigen Umschulung gehört auch ein halbjähriges Praktikum in einem Betrieb. Ich habe einen Platz in einem Redaktionsbüro gefunden. Dort gibt es spannende Projekte und immer etwas Neues zu lernen. Das kommt mir sehr entgegen, da ich sehr gerne Neues dazulerne Mein Chef hat mir nach vier Monaten einen Arbeitsvertrag in Vollzeit angeboten. Was mich natürlich mehr als nur gefreut hat. Aber mein Chef ist ein sehr – hmmm – schwieriger Mensch.

Mir fiel das Arbeiten im Büro und die Zusammenarbeit mit meinem Chef immer schwerer und es kamen Zweifel bei mir auf, ob ich den Arbeitsvertrag wirklich annehmen soll. Dann kam es an einem Donnerstagnachmittag zu einem ziemlichen Eklat. Den nächsten Tag habe ich mir dann frei genommen und mir viele, sehr viele Gedanken gemacht.

Am nächsten Montag bin ich dann ins Büro zu meinem Chef und habe ihm zu verstehen gegeben, dass ich so nicht arbeiten kann und will und da lieber auf eine Zusammenarbeit verzichte. Nun, mein Chef weiß selber, dass er kein einfacher Mensch ist. Wir haben dann einen Kompromiss gefunden, der so aussieht, dass ich ab dem 01. August dann drei Tage in der Woche ganztägig für ihn arbeite.

 

Dies ist ja nicht Deine erste große Veränderung. Mit fast 40 Jahren bist Du aus Deinem „gesicherten Leben“ als Ehe- und Hausfrau und Mutter ausgebrochen. Was war der Anlass dazu?

Hmm. Möchtest du die kurze oder die lange Version? *lach* Nachdem meine Tochter groß und aus dem Haus war und ich keinen großen Sinn mehr darin gesehen habe, zuhause zu sitzen und mir noch weitere PC- und Grafik-Tutorials anzuschauen, sagte ich zu meinem zukünftigen Exmann, dass ich gerne arbeiten möchte.

Ich hatte mit wirklich vielem gerechnet – aber nicht mit dem, was dann wirklich kam. „wenn du arbeiten gehst, kann ich mich ja gleich scheiden lassen. Und was willst du überhaupt machen? Du kannst doch nichts. Außer vielleicht bei Schlecker Regale ausräumen!“ BÄMM

Das saß. Irgendwie fühlte ich mich wie im falschen Film. Und irgendwie war es von da an auch ganz anders. Nun – ich habe einen Job in einer Versicherungsagentur gefunden und mein Göttergatte wurde immer unausstehlicher. Schließlich habe ich ihn daran erinnert, dass er sich ja scheiden lassen wollte, würde ich arbeiten gehen.

 

Was waren Deine größten Ängste zu Beginn Deines neuen Weges?

Eigentlich gab es da eigenartigerweise nicht so viel. Meine Zuversicht, dass – egal was passieren wird – es immer noch besser ist, als das was ich bis dahin gelebt habe, war immer viel größer als meine Ängste. Denn mit der Zeit wurde mir klarer, dass ich bis dahin nur für meinen Mann funktioniert habe. Dass ich mir zu keiner Zeit erlaubt habe auch mal an mich zu denken oder darüber nachzudenken, was ich will, was mir gut tut und wohin ich will.

Ich war irgendwie immer davon überzeugt alleine nicht klar zu kommen. Alleine nichts auf die Reihe zu bringen oder etwas zu schaffen. Nun war ich zum ersten Mal in meinem Leben allein und auf mich gestellt. Das fühlte sich wie ein Abenteuer an, dass ich unbedingt meistern wollte. Es tat auch sehr gut, dass ich nun anfangen konnte, mir Gedanken über mich zu machen – was ich will und was mir gut tut. Nur einsam fühlte ich mich des Öfteren.

Dann – eineinhalb Jahre später lernte ich dann meinen neuen Lebenspartner und Exfreund kennen. Er war ein Macher. Jemand, der ganz klar seinen Weg vor Augen hat. Immer einen Plan A und Plan B zur Hand hat. Einer, der immer ganz genau wusste, was er will. Das hat mir imponiert und gefallen.

Auch wenn die Beziehung ein unglückseliges Ende gefunden hat – ich habe in dieser Zeit auch viel gelernt. So z. B., dass ich mir nun auch Lebensstrategien überlege, mir Pläne zurecht lege und mir vorher schon Gedanken über Alternativen mache.

 

Wie bist Du mit Zweifeln und Hindernissen umgegangen und was hat Dich auf Deinem Weg bestärkt?

Es war – und ist immer noch – ein langer und harter Weg. Aber ich weiß nun, dass ich ganz viel selber schaffen kann. Dass ich nicht für andere funktionieren muss, sondern ganz allein nur für mich. Denn nur, wenn es mir gut geht, kann ich auch wirklich für andere da sein. Und ich habe erkannt, dass ich nicht erwarten darf, dass andere auf mich achten.

Ich habe erkannt, dass ich in der Lage bin ein eigen- und selbstständiges Leben zu führen. Das tut mir gut und bestärkt mich. Es lässt mich wissen, dass ich auf dem richtigen Weg bin.

 

Würdest Du heute etwas anders machen?

Das ist eine schwierige Frage. Denn ich denke, es ist müßig über ein was-wäre-wenn nachzudenken. Denn wenn ich in der Vergangenheit etwas anders gemacht hätte, wäre mein Weg ein anderer gewesen. Aber wäre er auch besser oder einfacher geworden?

 

Wo siehst Du Deine Stärken und Talente?

Nun, zum einen, dass ich mich nicht unterkriegen lasse. Ich denke, ich bin mittlerweile ganz gut darin geworden mich auf meine Stärken zu besinnen und darauf, was mir Freude macht. Und darauf möchte in Zukunft aufbauen.

 

Was möchtest Du noch erreichen?

Ich möchte die Zeit, die mir die Drei-Tage-Woche bietet, dazu nutzen mir nebenbei ein Online Business aufzubauen. Dir ist sicher schon aufgefallen, dass Kreativität meine Leidenschaft ist *lach* Ich habe mir über Online-Tutorials sehr viel Wissen und Kenntnisse in diesem Bereich erworben und durch meine Ausbildung jetzt auch vertieft.

Ich möchte selber nun eigene Designs erstellen und auch Workshops anbieten, um andere dazu zu bringen, dass sie ihre Kreativität ausbauen und ausleben können.

 

Was rätst Du Menschen in und jenseits der Lebensmitte, die ihren eigenen Weg gehen möchten?

Es ist nie zu spät für einen neuen Anfang und den eigenen Weg zu finden und zu gehen. Wenn ihr das wirklich wollt, lasst euch von niemanden reinreden und aufhalten. Wichtig ist, dass ihr euch mit dem was ihr tut wohl fühlt und euch damit identifizieren könnt!

 

Hast Du ein Lebensmotto?

Ja. Tu dir gut, weil es niemand anders besser kann.

 

Wenn Du drei Wünsche frei hättest für Deinen weiteren Lebensweg – welche wären das?

Dass es mit dem Online Business funktioniert und ich mir damit eine ausreichende Existenz aufbauen kann, für
eine gemütliche kleine Wohnung. Zweimal im Jahr Urlaub machen zu können und
dass es auch mal einfacher geht.

 

Wie kann man mit Dir in Kontakt treten?

Gerne über meine, schon etwas ältere, Webseite: https://www.artandair.de/  und über Facebook: https://www.facebook.com/h.birkenbusch/. Ich freue mich über neue Nachrichten und neue Kontakte

Liebe Heike, ich bedanke mich ganz herzlich für das Interview, Deine Offenheit und das Teilen Deiner Geschichte.
Für Deine Prüfungen wünsche ich Dir alles Gute.
Herzlichst,
Sabine

Foto: Heike Birkenbusch

 

 

4 Kommentare

  1. Liebe Frau Birkenbusch,
    Sie sind eine starke Frau, die zu sich steht und sich nicht unterkriegen läßt. Das ist wundervoll und bewundernswert. Ich drücke Ihnen beide Daumen für Ihre Prüfungen und wünsche viel Erfolg, Freude und die richtigen Freunde bei Ihrem Tun.
    Herzlichst
    Sybille

    Antworten
    • Danke liebe Sybille für Deine wunderbaren Zeilen an Heike.
      Ich habe mich riesig gefreut, dass sie trotz Prüfungszeit für ein Interview bereit war.
      Heike ist wirklich eine starke Frau, eine Alltagsheldin.
      Herzlichst,
      Sabine

      Antworten
  2. Wow, das war ein sehr beeindruckendes Interview liebe Sabine <3
    Eine tolle Frau die Heike
    Und ich muß sagen, bei eineinigem was Heike sagte
    mußte ich an die Erika denken die ich noch bis vor 27 Jahren war. Nach dem Motto:
    "erst mal die Anderen, dann laaaaaaange nichts dann wieder die Anderen, und dann irgendwann eventuell ich."
    Aber ? das ist Vergangenheit ?
    Ich wünsche der Heike alles gute und ganz viel Glück und Erfüllung auf ihrem weiteren Weg

    Antworten
    • Liebe Erika,
      hab vielen, lieben Dank für Deinen Kommentar.
      Ich denke, dass es sicher vielen von uns so ähnlich gegangen ist. Daher finde ich es so wichtig, sich selbst wertzuschätzen, zu achten und zu lieben.
      Das hat nichts mit Egoismus zu tun.

      Heike befindet sich gerade mitten in den Prüfungen und ich wünsche ihr gutes Gelingen.
      Herzliche Grüße,
      Sabine

      Antworten

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